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§ 16

Renten wegen Todes bei Verschollenheit

1Sind Ehegatten, geschiedene Ehegatten oder Elternteile verschollen, gelten sie als verstorben, wenn die Umstände ihren Tod wahrscheinlich machen und seit einem Jahr Nachrichten über ihr Leben nicht eingegangen sind. 2Die landwirtschaftliche Alterskasse kann von den Berechtigten die Versicherung an Eides Statt verlangen, dass ihnen weitere als die angezeigten Nachrichten über den Verschollenen nicht bekannt sind. 3Die landwirtschaftliche Alterskasse ist berechtigt, für die Rente den nach den Umständen mutmaßlichen Todestag festzustellen. 4Dieser bleibt auch bei gerichtlicher Feststellung oder Beurkundung eines abweichenden Todesdatums maßgeblich.

 

Erläuterungen

Diese - § 49 SGB VI entsprechende - Vorschrift gewährt den Hinterbliebenen einen Rentenanspruch auch dann, wenn sie eine gerichtliche Todeserklärung im Sinne des § 9 Verschollenheitsgesetz (VerschG) und damit die Sterbeurkunde des Ehegatten, geschiedenen Ehegatten oder des Elternteils bzw. der Elternteile nicht beibringen, die rechtserhebliche Tatsache des Todes also nicht beweisen können, weil die Person, von der ein Rentenanspruch abgeleitet wird, verschollen ist. 

Der in Satz 1 als gegeben vorausgesetzte Begriff der Verschollenheit wird in § 1 Abs. 1 VerschG definiert. Danach ist verschollen,

  • „wessen Aufenthalt während längerer Zeit unbekannt ist, ohne dass Nachrichten darüber vorliegen, ob er in dieser Zeit noch gelebt hat oder gestorben ist, sofern nach den Umständen hierdurch ernstliche Zweifel an seinem Fortleben begründet werden.“

Von einem unbekannten Aufenthalt des Verschollenen in diesem Sinne ist auszugehen, wenn weder die Angehörigen, noch sonstige Nahestehende, noch die zuständigen Behörden den Aufenthalt des Betreffenden kennen (allgemein unbekannter Aufenthalt). Dieses Kriterium wird auch erfüllt, wenn sich der Verschollene von seinem Wohn- oder Aufenthaltsort nicht entfernt hat, z. B. in einer Großstadt „untergetaucht“ ist oder nach einem Unglück (Brand, Erdbeben, Flugzeugabsturz) vermisst wird. 

Als „Nachrichten“ über das Fortleben oder Versterben kommen Informationen jeder Art (mündlich, schriftlich, Bilder) in Betracht. Sie müssen sich auf das Schicksal des Vermissten beziehen und eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit aufweisen. Woher die Informationen stammen, ob von dem Vermissten selbst oder einem Dritten, ist demgegenüber unerheblich.

Hinsichtlich der Zeitdauer, in der vorgenannte Nachrichten fehlen, stellt § 1 VerschG auf die Umstände des Einzelfalles ab („während längerer Zeit”). Danach kann - der Rechtsprechung folgend - bei Personen, die z. B. nach einem Brand- oder Grubenunglück vermisst werden, eine Frist von wenigen Tagen genügen, während bei einem flüchtigen Straftäter oder einem Weltumsegler ein wesentlich längerer Zeitraum anzusetzen wäre. 

Die weiterhin vorausgesetzten „ernstlichen Zweifel am Fortleben“ sind dann zu bejahen, wenn bei vernünftiger Abwägung Leben und Tod des Vermissten gleichermaßen ungewiss sind und eine weitere Aufklärung als unmöglich erscheint. Im Regelfall müssen sich - ausweislich des Wortlauts der Regelung - vorgenannte Zweifel aus dem Fehlen von Nachrichten ergeben. Ausnahmsweise, nämlich dann, wenn Nachrichten von dem Vermissten, z. B. einem flüchtigen Straftäter, nicht zu erwarten waren, darf Verschollenheit angenommen werden, wenn andere, besondere Umstände ernstliche Zweifel an seinem Fortleben rechtfertigen (vgl. BGH, 16.10.1951 - IV ZB 59/51, BGHZ 3, 230, 236).

Steht der Tod bereits fest, liegt gemäß § 1 Abs. 2 VerschG eine Verschollenheit im Rechtssinne nicht vor. Für die gerichtliche Todeserklärung und für die Todesfeststellung der LAK ist somit dann kein Raum, wenn ein Tatbestand vorliegt, bei dem nach allgemeiner Lebenserfahrung und menschlichem Ermessen ein Weiterleben als ausgeschlossen erscheint, wie z. B. im Fall der Explosion eines Flugzeugs, dessen Passagier der Vermisste war. 

Damit der i. S. d. § 1 VerschG Verschollene als verstorben i. S. d. § 16 Satz 1 gelten kann, müssen die Umstände seinen Tod wahrscheinlich machen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn bei vernünftiger Abwägung die für den Tod sprechenden Erwägungen die dagegen sprechenden Aspekte so stark überwiegen, dass letztere für die Überzeugungsbildung unberücksichtigt bleiben müssen (vgl. BSG in SozR Nr. 15 zu § 1263 RVO a. F.). 

Das zusätzliche Erfordernis, wonach seit einem Jahr keine Nachrichten über das Leben des Verschollenen eingegangen sein dürfen, setzt im Gegensatz zu § 1 VerschG eine starre Frist fest, so dass auf die Umstände des Einzelfalles insoweit nicht abgestellt werden muss. 

Satz 2 gibt die gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 SGB X notwendige Rechtsgrundlage für die je nach den Umständen des Einzelfalles von dem potentiell Rentenberechtigten abzuverlangende Versicherung an Eides Statt, die sich nur auf die Kenntnis über eingegangene Nachrichten beziehen kann. 

Die weiteren Voraussetzungen einer Versicherung an Eides Statt sowie das diesbezügliche Verfahren richten sich nach § 23 SGB X. 

Nach Satz 3 ist die LAK zur Feststellung des Todestages für den Zweck der Rentenleistung berechtigt, sofern die Voraussetzungen des Satzes 1, ggf. auch des Satzes 2, erfüllt sind und eine gerichtliche Todeserklärung, d. h. ein gemäß § 29 VerschG wirksam gewordener Beschluss des Gerichts, nicht vorliegt. Die gerichtliche Todeserklärung mit der durch sie begründeten Vermutung über den Todeszeitpunkt des Verschollenen (vgl. § 9 VerschG) gilt nämlich für alle privaten und öffentlichen Rechtsverhältnisse, sie wirkt also für und gegen alle.

Daraus folgt, dass eine davon abweichende Feststellung des Todeszeitpunktes durch die LAK selbst bei Vorliegen besserer Erkenntnisse nicht mehr möglich ist.

Diese Bindungswirkung kommt auch den Todeserklärungen der zuständigen Gerichte der ehemaligen DDR zu und zwar auch dann, wenn nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland ein abweichender Todestag hätte festgestellt werden müssen (vgl. BSG in SozR Nrn. 3 und 4 zu § 1271 RVO). 

Ist die LAK durch eine gerichtliche Todeserklärung nicht gebunden, hat sie den nach den Umständen mutmaßlichen Todestag und damit den Eintritt des Versicherungsfalles festzustellen.

Stand:  November 2020