Herzinfarkt erkennen und vorbeugen
Jedes Jahr erleiden in Deutschland ca. 300.000 Menschen einen Herzinfarkt. Wir zeigen, welche Risikofaktoren zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen, wie Sie einen Ernstfall erkennen und welche Vorsorgemaßnahmen helfen.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Unter dem Begriff Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden Erkrankungen des Herzens und der Blutgefäße zusammengefasst. Es handelt sich häufig um chronische Erkrankungen, die schwere Folgen haben können, wenn sie nicht konsequent behandelt werden. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind für über ein Drittel aller Todesfälle verantwortlich und die Sterblichkeit an diesen Erkrankungen ist höher als an Krebs. So zählt das Statistische Bundesamt unter den zehn häufigsten Todesursachen in Deutschland allein fünf Herzerkrankungen.
Zu den häufigsten Herz-Kreislauf-Erkrankungen zählen z. B.:
- Bluthochdruck
- Herzschwäche
- Koronare Herzkrankheit oder Herzrhythmusstörungen
Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems treten vor allem ab dem mittleren Lebensalter auf. Die folgenden Faktoren erhöhen das Risiko:
- Diabetes
- hoher Cholesterinspiegel
- Bluthochdruck
- Übergewicht
- Rauchen
Die häufigste Ursache für einen Herzinfarkt ist die koronare Herzerkrankung (KHK). Die KHK ist eine Erkrankung, bei der Cholesterinablagerungen die Koronararterien, die Hauptblutgefäße, die das Herz mit Blut versorgen, blockieren. Bei einem Herzinfarkt kann eine Ablagerung aufbrechen, es kommt zu einem Blutgerinnsel und das Herz wird nicht mehr richtig mit Sauerstoff versorgt. Es kommt zu einer Unterversorgung mit schweren Folgen.
Unbehandelt kann ein Herzinfarkt zum Tod führen.
Die Symptomatik ist bei Frauen und Männern unterschiedlich.
Symptome bei Männern:
- starke Brustschmerzen (als Leitsymptom) hinter dem Brustbein, die fünf Minuten oder länger anhalten und in den linken Arm (ggf. beide Arme), Rücken sowie ggf. Kiefer, Hals und Schulterblätter oder Bauch ausstrahlen
- Druck- und Engegefühl oder Brennen im Brustkorb, kalter Schweiß und fahle Gesichtsfarbe sowie Atemnot und Unruhe (tritt aber häufiger bei Frauen auf)
Symptome bei Frauen:
- Druck- und Engegefühl
- Schmerzen im Oberbauch und Rücken
- Ziehen in den Armen
- Atemnot
- Müdigkeit
- Übelkeit
- Erbrechen
- Schweißausbrüche
- Angstzustände
Sollten Sie diese Symptome haben, sollten Sie sofort den Notarzt rufen.
Bei einem Notfall kommt es darauf an, umgehend und richtig zu handeln.
Rufnummer 112
Bei Verdacht auf Herzinfarkt alarmieren Sie bitte den Rettungsdienst.
Der Notruf über die Telefonnummer 112 sollte frühzeitig erfolgen. Parallel zu den laufenden Erste-Hilfe-Maßnahmen kann ein weiterer Helfender den Notruf wählen. Ansonsten ist dies spätestens vor Beginn von Wiederbelebungsmaßnahmen zu tun.
Beantworten Sie der Rettungsleitstelle die Fragen:
- Wo ist der Notfall?
- Was ist geschehen?
- Wie viele Verletzte/Erkrankte?
- Welche Verletzungen/Erkrankungen?
- Danach warten Sie unbedingt, ob weitere Fragen gestellt werden.
Hinweis: Alternativ zum telefonischen Notruf lässt sich auch über die offizielle kostenlose Notruf-App der Bundesländer „Nora“ ein Notruf absetzten. Gerade für Personen, die wegen Sprachproblemen kein Telefonat führen können, bietet die App eine Möglichkeit, mit einer Rettungsleitstelle zu kommunizieren. Da dabei auch der Standort übermittelt wird, eignet sich die App auch für alle, die den Notfallort nicht kennen. Informationen gibt es unter www.nora-notruf.de
Nachdem die Rettungsleitstelle über die Angaben verfügt, kann sie ein geeignetes Rettungsmittel und bei besonderen Situationen auch die Feuerwehr zum Notfallort alarmieren.
Wie bleiben Sie möglichst gesund?
Damit Sie möglichst gesund bleiben, ist es wichtig, regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen (Check-up).
- Ab 18 bis 34 übernimmt die LKK einmalig einen Check-up.
- Ab 35 übernimmt die LKK alle 3 Jahre einen Check-Up.
Die LKK übernimmt bei Männern ab einem Alter von 65 Jahren die Kosten für ein einmaliges Aneurysma-Screening (Ultraschalluntersuchung), um ein Bauchaortenaneurysma frühzeitig zu erkennen.
Durch einen regelmäßigen Check-up können Herz-, Kreislauf- und Nierenerkrankungen, aber auch Stoffwechselstörungen wie Diabetes rechtzeitig erkannt und besser behandelt werden. Deswegen übernimmt die LKK ab Ihrem 35. Lebensjahr alle drei Jahre die Kosten für eine große Gesundheitsuntersuchung.
Darüber hinaus sind wichtig:
- Gesunde Ernährung
- Viel Bewegung
- Nicht Rauchen und wenig Alkohol trinken
- Übergewicht vermeiden
- Stress vermeiden
Wir fördern mit unserem Bonusprogramm für gesundheitsbewusstes Verhalten die Teilnahme an verschiedenen Sport- und Entspannungskursen sowie an Kursen zur Stressbewältigung, gesunden Ernährung und zum Nichtrauchen. Hierbei wird ein Bonus in Form einer Geldprämie gewährt, wenn Sie regelmäßig qualitätsgesicherte Leistungen zur Primärprävention in Anspruch nehmen.
Dies sind Präventionskurse, die von der Zentralen Prüfstelle Prävention zertifiziert wurden und in Höhe von mindestens 80 Prozent der Kosten von der LKK bezuschusst werden. Gefördert werden je Versicherter maximal zwei Kurse pro Kalenderjahr.
Mit unserem zweiten Bonusprogramm Bonifizierung von Einzelmaßnahmen wird ein Geldbonus gewährt, wenn Sie regelmäßig bestimmte Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten, Leistungen zur Verhütung übertragbarer Krankheiten (Schutzimpfungen) sowie Kinderuntersuchungen in Anspruch nehmen. Durch regelmäßige Inanspruchnahme von Früherkennungsuntersuchungen können viele Krankheiten rechtzeitig erkannt und Heilungschancen deutlich verbessert werden.
Herzinfarkt: Die stille Gefahr
Gerade bei Frauen sind Herzinfarkte oft schwer zu erkennen. Prof. Dr. Christiane Tiefenbacher klärt im Interview auf, welche Symptome typisch sind, welche Maßnahmen vorbeugen und worauf es im Ernstfall ankommt.
Prof. Dr. Tiefenbacher, was weist auf einen akuten Herzinfarkt hin?
Bei Männern sind meistens starke Brustschmerzen das Leitsymptom, die in den linken Arm und den Rücken ausstrahlen können. Frauen leiden zum Beispiel neben dem typischen Druck- und Engegefühl auf der Brust an Schmerzen im Oberbauch und Rücken, einem Ziehen in den Armen, aber auch an Atemnot, Müdigkeit, Übelkeit, Schweißausbrüchen. Es müssen nicht alle Symptome auftreten. Jeder Mensch ist ein bisschen anders.
Die Symptome von Frauen klingen unspezifisch...
Ja, das können sie sein. Ich erinnere mich an eine Frau, der sehr übel war und die Schmerzen im Magen und Rücken hatte. Sie wollte ins Krankenhaus zu einer Magen-Darm-Spezialistin. Der Sohn, der selbst kurze Zeit zuvor einen Herzinfarkt hatte, hegte den Verdacht auch bei der Mutter und rief glücklicherweise den Rettungsdienst.
Wie erkennen Betroffene, wann sie sofort Hilfe benötigen?
Es gibt zwei Wege: Wenn ich spüre, dass etwas nicht stimmt, es mir schlecht geht, oder akut starke Symptome auftreten, kontaktiere ich den Notarzt. Lieber einmal zu viel anrufen als zu wenig. Der andere Weg führt zum Hausarzt, wenn Beschwerden da sind, aber nicht akut. Einem Herzinfarkt gehen Vorboten voraus: erhöhte Blutfette, familiäre Belastung, Brustschmerzen und Atemnot bei Belastung, verengte Gefäße. Oder ich fühle mich insgesamt nicht wohl, schwitze schneller.
Wie kann man vorbeugen?
Informieren Sie sich, nehmen Sie Vorsorgeuntersuchungen wie den Gesundheits-Check-up ab 35 wahr. Lassen Sie regelmäßig den Blutdruck, Blutfette und die Durchlässigkeit der Halsschlagader kontrollieren und sich auf die Zuckerkrankheit testen. Beobachten Sie das Körpergewicht. Auch Prävention ist wichtig: Sport, gesunde Ernährung.
Was ist im Notfall zu beachten?
Auf keinen Fall sollten Angehörige die Patientin oder den Patienten selbst mit dem Auto in die Klinik fahren. Wenn plötzlich Herzrhythmusstörungen wie das gefährliche Kammerflimmern auftreten, bleiben drei Minuten, bis das Gehirn geschädigt wird. Um dies zu verhindern, muss eine Herzdruckmassage durchgeführt werden oder ein Defibrillator kommt zum Einsatz, bis der Rettungsdienst eintrifft. Im Auto geht wertvolle Zeit verloren.
Welche Fälle treffen Sie besonders?
Das sind Fälle mit jungen Patientinnen und Patienten, wenn Angehörige den Notarzt rufen, aber im Akutfall keine Herzdruckmassage machen, weil sie die Situation nicht richtig einschätzen oder nicht wissen, wie. Ist es zu spät, kann man zwar die Herzkranzgefäße reparieren, aber die Patientin oder der Patient ist möglicherweise hirngeschädigt oder hirntot.
Existieren Maßnahmen, um dem entgegenzuwirken?
Ja, die gibt es. Die Notrufzentrale gibt Anweisungen, mit Applikationen kann man Notärzte in der Nähe finden, die bei der Wiederbelebung unterstützen, bis der Rettungsdienst kommt.
Gibt es bestimmte Altersspannen, die besonders gefährdet sind?
Bei Frauen gehen Herzinfarkte oft ab 60 Jahren los, bei Männern ab 50 Jahren. Vor den Wechseljahren haben Frauen einen gewissen hormonellen Schutz, danach steigt ihr Herzinfarkt-Risiko immens an. Gefährlich ist der steigende Bluthochdruck, neben Stress ein Hauptrisikofaktor. Hinzu kommt, dass Frauen die besseren Verdränger und einer Doppelbelastung ausgesetzt sind. Sie arbeiten, kümmern sich um die Kinder, pflegen Angehörige.
Wie halten Sie persönlich es mit der Vorsorge?
Ich nehme regelmäßig Vorsorgeuntersuchungen wahr und führe in gewissen Abständen eine Langzeitblutdruckmessung über 24 Stunden durch. Die ist frei von subjektiver Beeinflussung. Ich finde es wichtig, mit gutem Beispiel voranzugehen. Es wird schwierig, wenn Ärzte rauchfrei predigen, aber selbst Kette rauchen.
Wie hoch stehen nach einem Herzinfarkt die Chancen auf Genesung?
Die Sterblichkeit ist zum Glück nicht mehr so hoch wie früher. Die Hauptfolge ist aber eine Herzmuskelschwäche durch das abgestorbene Gewebe, die auch Herzrhythmusstörungen mit sich bringen kann. Nach ein paar Wochen ist bei vielen Betroffenen mit speziellen Medikamenten aber wieder eine volle Belastung möglich.
Warum ist die Behandlung von Frauen im Vergleich zu Männern oft schwieriger?
Zum einen ist die Symptomatik bei Frauen, wie gesagt, oft nicht eindeutig. Das kostet unter Umständen Zeit. Zum anderen werden Frauen leider im Vergleich zu Männern oft weniger gründlich untersucht, auch bei Vorsorgemaßnahmen und Kontrolle der Risikofaktoren. Sie erhalten zum Beispiel weniger Bypass-Operationen. Das geschieht nicht mal strategisch, sondern oft unbewusst. Als Frau behandle ich Frauen selbstverständlich genauso wie Männer. Deswegen aber ist es wichtig, das Thema zu diskutieren. Hinzu kommt, dass Frauen in klinischen Studien zur Untersuchung beispielsweise neuer Medikamente häufig unterrepräsentiert sind. In der Regel sind bei Studien 20 bis 30 Prozent Frauen vertreten. Sie sind kritischer, es ist schwieriger, sie zu rekrutieren. Das kann ich aus persönlicher Erfahrung bestätigen. Ein Verhältnis von 50:50 sollte aber angestrebt werden. Die Problematik wirkt sich auf die Auswahl und Dosierung von Medikamenten aus, beides orientiert sich an dem, was für Männer richtig ist.
Aus welchem Grund engagieren Sie sich bei der Deutschen Herzstiftung
e. V.?
Ich bin schon lange dabei und stehe voll hinter der Aufklärungsarbeit. Durch Pressearbeit und Material versuchen wir, gezielt zu informieren. Das Informationsmaterial kann unentgeltlich bestellt werden, auch wenn man kein Mitglied ist. Eine Mitgliedschaft wäre natürlich optimal.
Für mich ist das ein guter Ausgleich, der frei ist von industrieller Einflussnahme und sich auf die wissenschaftliche Forschungsförderung konzentriert zum Beispiel mit dem Ziel, Medikamente weiterzuentwickeln. Ich war lange an der Universität, und als Chefärztin bin ich mit der Patientenaufklärung ohnehin vertraut. Da ist die Tätigkeit bei der Herzstiftung eine sinnvolle Ergänzung. Auf Empfehlung kann jeder kardiologische Chefarzt oder jede kardiologische Chefärztin in den wissenschaftlichen Beirat eintreten. Die Fachgesellschaft ist hier sehr aktiv. Ich engagiere mich bei vielen Aktionen, wirke auch bei Benefizkonzerten mit. Ich spiele Querflöte und trete dann mit einem Kollegen auf, der Orgel spielt, das macht immer sehr viel Freude.