Sicher arbeiten in Biogasanlagen
Hier erhalten Sie Informationen zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in Biogasanlagen.
Alle Biogasanlagen müssen dem Stand der Technik entsprechen. Sie unterliegen, unabhängig von der Beschäftigung von Arbeitnehmenden, der Prüfpflicht nach der Betriebssicherheitsverordnung. Eine Gefährdungsbeurteilung für den Explosionsschutz - das sogenannte Explosionsschutzdokument ist auch in Unternehmen ohne Beschäftigte zu erstellen.
Aus der Unfallstatistik
Auch wenn das Unfallgeschehen mit durchschnittlich 205 pro Jahr und 3,1 Unfällen auf 100 Anlagen im Vergleich zur Landwirtschaft insgesamt geringer ausfällt, kommt es in Biogasanlagen immer wieder zu schweren und auch tödlichen Unfällen.
Erhöhte Unfallgefährdungen bestehen unter anderem infolge Vergiftungsgefahr durch austretendes Biogas, Unfälle durch Stolpern und Stürzen bei Reinigungs- und Reparaturarbeiten sowie Risiken durch den Einsatz landwirtschaftlicher Fahrzeuge auf dem Gelände.
Das sind typische Unfallhergänge:
- Der Unternehmer stürzt in einen versenkten Feststoffdosierer und wird von der Förderschnecke erfasst und tödlich verletzt.
- Ein Mitarbeiter steigt in einen Kondensatschacht, verliert das Bewusstsein und verstirbt.
- Bei der Beseitigung einer Verstopfung schließt sich der automatische Schieber einer Rohrleitung und amputiert die Hand des Mitarbeiters.
- Beim händischen Eindosieren von Eisen(III)-chlorid-Lösung in den Feststoffeintrag verunreinigt die Flüssigkeit die Augen der Beschäftigten.
Viele Unfälle passieren durch Reparaturarbeiten mit Handwerkzeugen oder bei Verarbeitung von Metallen und Blechen. Betroffen sind oft die Hände oder Augen.
Gefahren erkennen
Biogas
Biogas besteht im Wesentlichen aus Methan (50 bis 80 Vol%), Kohlendioxid (20 bis 50 Vol%), Schwefelwasserstoff (0,01 bis 0,4 Vol%) sowie Spuren von Ammoniak, Wasserstoff, Stickstoff und Kohlenmonoxid. Mit dem Auftreten von Schwebstoffen ist zu rechnen. In bestimmten Konzentrationen ist Biogas explosionsfähig.
Es gilt explosionsfähige Atmosphäre wirksam zu verhindern. Kann die Bildung einer explosionsgefährlichen Atmosphäre nicht verhindert werden, müssen wirksame Zündquellen vermieden werden. Hierbei sind neben technischen Maßnahmen und Installationen u.a. auch elektrostatische Auf-/Entladungen zu vermeiden (TRBS 2153 "Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen").
Bei der Gefährdungsbeurteilung sind beispielsweise folgende Zündquellen zu beachten:
Zündquelle | Beispiel |
---|---|
Heiße Oberflächen | > 500 °C (Turbolader) |
Offene Flammen Feuer, Flammen, Glut | Feuer, Flammen, Glut |
Mechanisch erzeugte Funken | Reiben, Schlagen, Schleifen |
Elektrisch erzeugte Funken | Schaltvorgänge, Wackelkontakt, Ausgleichströme |
Exotherme Reaktion | Selbstentzündung von Stäuben |
Blitzschlag | |
Elektrostatische Entladungen |
Kann nicht auf den Einsatz von Zusatz- und Hilfsstoffen in der Biogasanlage verzichtet werden, muss zunächst geprüft werden, ob dieser durch ein weniger gefährliches Produkt ersetzt werden kann (Substitution). Ist ein Ersatz der Gefahrstoffe nicht möglich, muss ein Kontakt mit dem menschlichen Körper auf andere Weise sicher vermieden werden, z.B. durch Anwendung des Gefahrstoffes in einer geschlossenen Apparatur. Eine automatische Dosiereinrichtung beispielsweise saugt aus Vorratsbehältern die benötigte Menge an und führt diesen direkt dem Prozess zu. Neben dem Zugewinn an Sicherheit ist das auch noch gut für den Geldbeutel.
Gefahr von drehenden Teilen nicht unterschätzen
Offensichtlich ist jedoch, dass in vielen Fällen die Gefahr, die von sich drehenden Anlagen und Anlagenteilen ausgeht, unterschätzt wird – und essenzielle Schutzmaßnahmen nicht getroffen beziehungsweise nicht eingehalten werden. Ein Risikofaktor ist die Abschaltung der Einbringtechnik, wenn diese lediglich über die SPS (speicher-programmierbare Steuerung) erfolgt. Ähnlich wie die Abschaltung durch den Not-Aus-Schalter ist diese Maßnahme kein vollkommener Schutz vor einem Wiederanlaufen der Anlage.
Daher sind bei der Abschaltung der Anlage mindestens folgende Maßnahmen zu berücksichtigen:
1. Allpoliges Abschalten der Anlage.
2. Sicherung gegen Wiedereinschalten.
3. Prüfung auf Spannungsfreiheit.
Die Silolagerstätte ist ein wichtiger Arbeitsbereich für Biogasanlagenbetreiber. Mit welchen Gefahren in der Siloanlage zu rechnen ist sowie nützliche Informationen für Ihre Gefährdungsbeurteilung werden hier beschrieben.
Auf einen Blick
SICHERHEITSTIPPS BEI WARTUNGSARBEITEN
Wenn Sie diese Grundsätze beachten, vermeiden Sie Unfälle:
⦁ Sicherstellen, dass sich im Behälter bzw. Schacht keine gefährlichen Gase angesammelt haben
⦁ Nie allein in Behältern oder Schächten arbeiten; mit einer zweiten Person Ruf- oder Sichtverbindung halten und im Notfall die erforderlichen Maßnahmen einleiten
⦁ Mechanische Teile vor Wartungsbeginn außer Betrieb nehmen und gegen Wiederingangsetzen sichern
⦁ Mitarbeiter und Familienangehörige unterweisen
⦁ Persönliche Schutzkleidung tragen, z. B. Umluft unabhängiger Atemschutz, Sicherheitsschuhe, Handschuhe mit Stech- und Schnittschutz
Wissen für Ihre Sicherheit zum Download
Vorschriften
Sicherheitsregeln für Biogasanlagen - Technische Information 4
Die Sicherheitsregeln für Biogasanlagen erläutern und konkretisieren die Anforderungen an Errichtung und Betrieb von Biogasanlagen im Sinne der Durchführungsanweisung zu § 1 der Unfallverhütungsvorschrift „Arbeitsstätten, bauliche Anlagen und Einrichtungen“ (VSG 2.1) der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft.
Sie sind eine Zusammenfassung der wichtigsten Vorschriften und geben Hinweise auf zu beachtende Regelwerke.
Technische Regeln für Gefahrstoffe 529 "Tätigkeiten bei der Herstellung von Biogas"
Diese Technische Regel gilt für alle Tätigkeiten zur Herstellung von Biogas und den Betrieb von Biogasanlagen. Biogasanlagen im Sinne dieser TRGS umfassen alle Anlagenteile ab der Anlieferung von Substraten, Zusatz- und Hilfsstoffen
1. bis einschließlich Gasverbrauchseinrichtungen (z.B. Blockheizkraftwerk [BHKW], Gasfackel), wenn sie auf dem Betriebsgelände stehen oder
2. bis zum Eingangsflansch des Gasgebläses oder -verdichters, wenn eine Biogasaufbereitungsanlage nachfolgt oder eine externe Gasverbrauchseinrichtung (z.B. Satelliten-BHKW) versorgt wird.
Die technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, einschließlich deren Einstufung und Kennzeichnung, wieder.
Diese TRGS konkretisiert im Rahmen ihres Anwendungsbereichs Anforderungen der Gefahrstoffverordnung und der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge. Bei Einhaltung der Technischen Regeln kann der Arbeitgeber insoweit davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der Verordnungen erfüllt sind. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen.
Informationen für Arbeitgeber
Als Arbeitgeber gibt es nicht nur rechtliche Rahmenbedingungen, die Sie erfüllen müssen, Sie tragen auch eine besondere Verantwortung für die Sicherheit und den Schutz Ihrer Mitarbeiter. Auch für den Arbeitsbereich Biogasanlagen sind die Gefährdungen zu beurteilen und Maßnahmen für sicheres und gesundes Arbeiten abzuleiten.
Wir unterstützen Sie dabei zum Beispiel mit Mustergefährdungsbeurteilungen, Unterweisungshilfen und Betriebsanweisungen zum Thema Biogas. Die Muster können Sie auf die konkreten Bedingungen in Ihrem Unternehmen anpassen. Der Download ist für Sie kostenfrei.
- Betriebsanweisung Außerbetriebnahme Gärbehälter - Biogas DOCX, nicht barrierefrei, 171 KB
- Checkliste Biogasanlage DOC, nicht barrierefrei, 669 KB
- Gefährdungsbeurteilung Biogasanlage DOCX, nicht barrierefrei, 48.5 KB
- Betriebsanweisung Biogas DOCX, nicht barrierefrei, 65.5 KB
- Betriebsanweisung Biogas Gärsubstrat DOCX, nicht barrierefrei, 93.6 KB
- Betriebsanweisung Austausch von Aktivkohle in Biogasanlagen DOCX, nicht barrierefrei, 75.6 KB